Zeitdruck, zu viele Aufgaben und die perfekte Organisation einer Autorin im Garten
Mein bester Freund sagte mir einmal, dass ich wie ein Eichhörnchen auf Ecstasy bin. Er verstehe nicht, wie ich so viele Dinge in einen Tag packen kann. Nun ja, ein unruhiges Hirn, Ungeduld und in jungen Jahren mehr Zeit mit Computerspielen verbracht, brachte mich an den Punkt im Leben, an dem ich mehr erreichen wollte. Vielmehr nicht erreichen, aber eine Vielzahl von Sachen, die damals passiert sind, änderten mein Wesen.
Liebeskummer und die Einsamkeit brachten mich an den Rand des Wahnsinns. Meine erste Beziehung habe ich quasi noch im Elternhaus angefangen und dann bin ich mit dem Mann in eine Wohnung gezogen. Nach mehr als einem Jahrzehnt trennten wir uns und ich suchte einen neuen Wohnort. Doch es war dort ungewohnt. Es hörte sich immer so an, als ob jemand zu mir durch die Türe kommt. Es war nur Einbildung. Es klang immer so, als ob mein ehemaliger Partner nach Hause kommen würde, obwohl er keinen Schlüssel für meine neue Wohnung hatte. Warum auch?
Demnach versuchte ich mich so gut es ging abzulenken. Sport powerte aus, brachte mir aber nicht den gewünschten Effekt, um meine Nerven zu beruhigen. In dieser Phase konnte ich auch nicht wirklich schreiben. Ich versuchte es, aber Liebesgeschichten entwickelten sich eher in Richtung Drama. Das konnte und wollte ich nicht zulassen. Also schaute ich Serien und Filme. Allerdings glitten meine Gedanken immer noch wieder zu den Erinnerungen an eine schöne Zeit zurück. Daher brauchte mein Hirn eine andere Beschäftigung. In dieser Zeit fing ich mit dem Häkeln an. Es beanspruchte meinen Kopf, die Finger waren in Bewegung und konnten daher nicht in die Chipstüte greifen. Ich war erstaunt, was ich alles für schöne Dinge produzieren konnte. Somit gab es die wunderbare Ablenkung für mich, dass ich Filme schaute, die ich schon kannte und dabei gehäkelt habe. Quasi hatte ich ein Hörspiel, schaute bei den besten Stellen zum Fernseher und unterbrach mal für einen Augenblick meine Handarbeit.
Es folgten noch einige andere Hobbys. Musik, Malerei, Nähen und Modellbau. Irgendwann stellte ich fest, dass ich zu viele Dinge wollte und zu wenig Zeit hatte. Wie sollte ich das alles machen, worauf ich Lust hatte und was ich unbedingt erledigen musste?
Zum Glück konnte ich gut organisieren. Als Single hatte ich weniger Wäsche zu machen, nicht so viel Abwasch und die Wohnung staubte nicht so viel. Und wenn schon? Ohne Besuch, da ich als introvertierte Person ohnehin lieber meine Ruhe haben wollte, brauchte mein Boden nicht wie geleckt aussehen. Also konnte ich das bei Bedarf machen. Oder nach dem Frühstück wusch ich direkt die eine Tasse und das Messer ab. Nach dem Abendessen auch. Von daher hatte ich genügend Zeit. Ich weiß, dass dies nicht bei jedem klappt. Mit Kindern schon mal gar nicht, denn diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Mit einem Kind im Haushalt habe ich fast gar keine Zeit mehr gehabt. Doch alleine konnte ich alles so super organisieren, dass ich für alles Zeit hatte, was ich wollte. Den einen Abend mehrere Stunden Serien schauen und häkeln, den anderen Tag Musik machen und so weiter. Inzwischen habe ich ein Haus mit Garten und muss dann auch schauen, wie ich das alles mit dem Leben einer Autorin verbinde. Ich versuche im Winter zu häkeln und zu schreiben, vielleicht auch zu malen und basteln. Im Frühling und Sommer ist der Garten dran. Wobei es meiner Meinung nach aussieht wie bei einem Lost Place. Ich habe mal Videos von Urbexern gesehen und die sagten dann, dass der Ort mit Sicherheit verlassen ist, da das Unkraut so wütet. Naja, bei mir sieht es auch so aus. Das liegt aber echt an der Größe des Grundstücks. Außerdem nenne ich es gut für die Natur. Die Gärten in der Nachbarschaft sind sehr gepflegt und die gehen sogar mit Geräten gegen Maulwürfe vor. Bei mir dürfen diese Wühler leben. Ich habe kein Problem mit denen. Ich habe lästige Brombeerbüsche überall am Zaun und werde sie nicht los. Ich hatte diese mal im Februar alle abgeschnitten, freute mich darüber und wollte es beibehalten. Allerdings gab es dann nur noch Regen und im Mai sah es wieder aus wie ein Urwald. Es ist wie gegen Windmühlen kämpfen. Und ich schwöre, dass Dornröschen niemals in einer Rosenhecke geschlafen hat. Die Prinzen sind wahrscheinlich in Brombeeren ums Leben gekommen. Die wuchern überall und hangeln sich über alles andere rüber. Wie oft bin ich da hängengeblieben und habe mich verletzt. Bei Rosen ist mir das noch nie so oft passiert. Also versuche ich es gar nicht mehr meine Kraft daran auszulassen, lasse die Büsche stehen und merke, dass alle was davon haben. Ich kann nachher Marmelade machen, die Bienen und Hummeln haben Nektar, Vögel haben Schutz und der Boden im Schatten bleibt im Sommer kühler mit einer gewissen Feuchtigkeit, die die Erde nicht austrocknet. Man sagt ja auch, dass ein Rasen mit 15 cm kühler ist, als einer mit 5 cm. Zudem speichert höherer Rasen mehr Co2. Abgestorbene Äste und Schnittgut lasse ich einfach auf einem Haufen in einer Ecke des Gartens liegen. Geschnittenes Gras kommt auch darauf. Ich habe dort schon Igel gesehen oder auch Marder die ich im Garten habe. Auch kommt es vor, dass ein Fuchs bei mir auf der Wiese steht. Natürlich sieht mein Garten nicht wunderbar aus, aber ich finde ihn trotzdem zauberhaft. Wenn ich nicht von einer Ecke in die anderen schauen kann, weil da ein großes Gebilde aus Blauregen mir die Sicht versperrt oder Bäume mit Früchten überall stehen, ist es auch ein Schlaraffenland für alle. Die Vögel fühlen sich bei mir wohl, die Insekten und auch andere Tiere finden immer ein Versteck und Nahrung. Zudem mähe ich niemals den Rasen zu früh. Ich sehe, dass Nachbarn anfangen zu mähen, sobald die Schneeglöckchen blühen und die Sonne wärmer wird. Aber was sollen denn die Hummeln essen, die gerade aus dem Winterschlaf erwacht sind und anfangen einen Stamm aufzubauen? Daher warte ich bis die Bäume anfangen zu blühen oder andere Pflanzen die nach den Schneeglöckchen kommen. Sobald die Schneeglöckchen verblüht sind, fange ich an zu mähen. Ach ja, ich bremse auch für Bienen. Ich habe einen Aufsitzrasenmäher und fahre meine Bahnen ab. Sobald eine Biene oder Hummel vor mir auf einer Blume sitzt, warte ich ab, bis diese weggeflogen ist. Kostet zwar Zeit und mein Benzin, aber das Tierleben ist es mir wert.
Ich schweife ab. Die perfekte Organisation liegt darin, dass ich viele Dinge zeitgleich mache. Beim Rasenmähen kann ich gedanklich an meinen Romanen oder dem Marketing arbeiten. Wenn ich Tee koche, gehe ich nie zurück an die Arbeit, die ich unterbrochen habe. Egal ob es mein Brotjob im Homeoffice ist oder in der Freizeit am Computer schreiben oder malen. Es ist so, dass ich dann den Tee vergesse, da ich wieder voll in der Arbeit vertieft bin. Daher habe ich mir etwas angewöhnt: Ich mache Musik an, setze den Tee auf, je nach Länge der Ziehdauer und der Lieder höre ich zwei bis drei davon, habe daher ein Zeitgefühl und mache in der Zeit etwas ganz anderes. Staubwischen, Staubsaugen, Wäsche in die Maschine packen oder in den Schrank räumen, ein paar Sachen in die Spülmaschine räumen oder anderes Zeug was so kurze Zeit in Anspruch nimmt. Dann ist das erledigt, ich sitze nicht blöde rum und warte auf den Tee. Somit habe ich diese Zeit gut genutzt. Bei drei Kannen Tee am Tag ist viel von dem Kleinkram erledigt. Wenn ich mit Bus und Bahn zur Arbeit fahre, bin ich drei Stunden am Tag unterwegs. Ich sehe das nicht als Zeitverschwendung, sondern gewinne Zeit. Klar bin ich mit dem Auto etwas schneller, aber es ist nicht viel. Dann noch Benzinverbrauch und Parkplatz suchen, lohnt für mich nicht. Oder im Stau stehen. Nein, ich fahre Bus und Bahn, kann dort schlafen, einfach aus dem Fenster schauen und träumen, an einem Roman arbeiten, egal ob es der Plot ist, Korrekturlesen oder einfach ein anderes Buch lesen. Ich habe auch schon einmal im Bus und Bahn gehäkelt. Wenn ich bedenke, dass ich selbst fahren müsste, somit die Konzentration auf den Verkehr legen muss, genervt bin und dann zu Hause all das machen, was ich schon im Bus und Bahn erledigen konnte, ist es für mich eher Zeit gewinnen als verlieren. Wie seht Ihr das? Wenn ich drei Stunden im Bus verbringe und meine Hobbys machen kann, oder zwei Stunden selbst im Auto fahre und zu Hause drei Stunden Hobbys auslebe, so habe ich fünf Stunden am Tag zu drei Stunden. Somit zwei Stunden für etwas anderes gewonnen. Ist meine Meinung und ich lebe danach.
Fazit: Die perfekte Organisation gibt es nicht immer, aber ich habe für mich einen Weg gefunden, wie ich meine knappe Zeit gut nutzen kann. Unnötiges weglassen, nicht den Garten perfekt gepflegt haben, sondern der Natur ihren Raum lassen, Nützliches mit dem Praktischen verbinden und jede Minute nutzen, und doch nicht zu viel Stress aufbauen, denn von dieser Art Leben kommt man nur schwer wieder runter. Für Phasen mit richtigem Zeitdruck kann es helfen sich zu fokussieren, aber der Körper verlangt auch nach Ruhe. Irgendwann kommt die Phase, da rächt es sich. Daher einfach auch mal Pausen machen und gar nichts tun. Mache ich auch. Im Sommer im Schatten im Garten liegen, ein Buch in der Hand und ein kaltes Getränk auf dem Tisch daneben. Vögel zwitschern lassen, den Duft der Blumen genießen und einfach ausspannen. So ist die Zeit doch auch gut genutzt.