Romanwelten besser als Realität? Flucht in Träume ist keine Lösung.
Oft habe ich mich gefragt, ob ich nicht besser in meinen erschaffenen Welten leben sollte. Ich schreibe hauptsächlich, um in eine andere Realität zu entfliehen. Natürlich habe ich Stress auf der Arbeit, mit dem Partner, Liebeskummer und sonstige Probleme, die es in den Büchern nicht gibt. Allerdings haben meine Protagonisten andere Sorgen und Dinge zu lösen, die ich nicht habe.
In meinem Horror-Roman „Omen der Vampire“, der auch mit einer Liebesgeschichte einhergeht, muss die Protagonistin eine Brücke in einer bestimmten Zeit bauen. Der Zeitdruck ist unter Umständen real. Es kommt auf den Beruf an, aber so etwas gibt es tatsächlich. Die Arbeit macht jedem zu schaffen und doch ist es etwas anderes als mein Berufsthema. Daher ist es für mich fern von der Realität. Dass auf einmal ein sehr attraktiver Vampir um die Ecke kommt und eine Liebesgeschichte reift, ist ein Umstand, den ich in bestimmten Situationen meines Lebens gerne gehabt hätte. Schon als Kind liebte ich Vampire, obwohl es damals noch nicht romantisiert wurde. Vampire waren zu meiner Jugendzeit immer böse. Naja, bis auf die Kinderfilme und Graf Zahl. Trotzdem cool. Aber ich mochte den Schauspieler sehr gerne, den ich damals in den alten Filmen vergötterte. Ich wusste nicht, ob ich zu dem Vampirjäger oder dem Vampir halten sollte. Ich war sehr geprägt davon, dass es auch Liebe unter Vampiren geben könnte. Und dies lange bevor es glitzernde Vampire gab. Ich merke, dass ich alt bin. Auf jeden Fall habe ich in diesem Roman die Vampire als das Böse dargestellt. Nur einer war ein Rebell und dieser verliebte sich in die Protagonistin. Die Romantik war zu spüren und so war dies ein Thema, in dem ich gerne gelebt hätte. Was hätte ich darum gegeben, dass mich so ein toller Vampir in den Bann zieht und sich um mich sorgt. Allerdings mit dem Hintergrundwissen, dass der Roman eigentlich mehr Horror sein sollte, änderte ich meine Meinung. Ein Buch sollte spannend sein und daher geht es da auch ziemlich unschön zu. Dies wollte ich unter keinen Umständen selbst erleben.
Als Teenager schrieb ich meine Träume auf und entwickelte daraus einen Roman. Vielmehr ist es ein Vierteiler geworden. Es gab dort mein Traumland und ich war die Hauptperson, die auch die Erschafferin dieses Landes war. Eben aufgrund meiner Träume. Allerdings waren dort nicht die Träume zu finden, sondern die Traumfiguren. Personen von denen ich mal geträumt habe. Die Figuren aus den Albträumen waren in einem besonderen Bereich abgegrenzt von all dem Schönen. Diese Welt war nicht bunt oder voll Regenbögen. Nein. Sie sah aus wie die Erde. Wälder, Berge, ein Strand und Meer. Alles von dem Berg aus gut sichtbar und überschaubar. Ein Park in der Mitte einiger Häuser, eine Burg und ein Schloss. In diesem hätte ich in meinem Traumland als Herrscherin wohnen können, allerdings entschied ich mich in diesen Traumromanen dazu, lieber in einem bescheidenen Haus mit einigen meiner Traumfiguren zu leben und mit ihnen Spaß zu haben. Einige Abende mit Kartenspielen zu verbringen, gemeinsam kochen und auch mal ausgehen.
Doch mal ehrlich: Wäre das nicht für ein richtiges Buch zu langweilig? Wo bleibt die Spannung? Natürlich war es meine Flucht in eine bessere Welt, aber so ist niemals die Realität und sogar für Filme oder Bücher wäre es zu glattgeschliffen. Aber es war genau das, was ich in der damaligen Zeit gebraucht habe.
Fakt ist, dass wir alle Spannung und Abenteuer haben wollen und daher Filme schauen und Bücher lesen, weil wir das selbst haben, aber unser sicheres Sofa nicht verlassen möchten. Das Leben sollte nicht auf dem Spiel stehen, obwohl wir den Nervenkitzel suchen. Daher schauen viele auch gerne Horrorfilme oder lesen gruselige Bücher. Welche Art Horror es ist, bleibt jedem selbst überlassen. Ich mag lieber den gruseligen Part. Wo man Dinge erlebt, die nicht natürlich erklärbar sind. Geistererscheinungen und unheimliche Geräusche. Ich bin nicht für Splatter und andauernder Verfolgung eines Axtmörders. Lieber ruhiger und unheimlicher Psychohorror.
Tatsächlich kommt es auf das Genre an, in welches wir am liebsten in der Realität eintauchen wollen. Horror würde ich im Leben nicht wählen, auch wenn ich es liebe. Romantik kommt auf die Situation an. Wenn ich gerade keine Beziehung habe, ist es das, was ich mir sehnlichst herbeisehne und daher würde ich jederzeit diese Story erleben wollen. Ich beneide dann eher die Protagonistin um den Mann, was aber nicht heißt, dass ich direkt dort eintauchen wollen würde. Aber es gibt ein Genre oder vielmehr Thema, wo ich jederzeit in das Buch oder den Film schlüpfen würde. Das wäre alles mit Zeitreisen. Die Zeitkapsel oder Zeitmaschine ist der sichere Raum, in der mir nichts passieren kann. Und dann in jede Epoche reisen und schauen wie die Pyramiden erschaffen worden sind, ob es doch bessere Technologie gab, wer Kennedy tatsächlich erschossen hat, wo das Bernsteinzimmer abgeblieben ist oder wie Dinosaurier tatsächlich von der Farbe ausgesehen haben. Dies ist ein Thema, wo ich ohne zu zögern mitmachen möchte. Ich würde nur noch unterwegs sein und sogar meine Ahnen besuchen. Die Vergangenheit reizt mich mehr als die Zukunft, obwohl ich da auch mal den ein oder anderen Blick riskieren würde. Bin eben ein neugieriger Mensch und sobald eine Zeitmaschine entwickelt werden würde, wäre ich direkt dabei. Wahrscheinlich müsste ich massig Geld dafür bezahlen, aber mit Crowdfunding und einer Beteiligung mit anderen Personen könnte es möglich werden. Ansonsten müsste ich auf einen verrückten Mann mit einer blauen Zeitreisetelefonzelle warten. Will ja keine Namen nennen, aber Fans wissen wer gemeint ist. Oder ein älterer Mann mit einem Doktortitel und einem Fluxkompensator müsste mich finden. Möglich wäre auch eine Telefonzelle mit einer Band. Gott, ich bin wirklich alt.
Fazit: Flucht aus der Realität muss manchmal sein, aber nicht nur in den Träumen leben. Das Leben ist nie perfekt, aber wir müssen uns den Herausforderungen stellen. Handeln wir einfach so, wie es der Held in dem Roman oder Film machen würde. Was ist das Problem, wie kann es gelöst werden und wie kann ich unter Umständen damit leben und es nicht bekämpfen? Was wäre, wenn wir einfach so tun, als ob wir in einem Buch leben? Wir überlegen uns, wo der große Autor uns Steine in den Weg legen will und handeln entsprechend. Vielleicht gehen wir so lockerer an die Sache und Probleme heran. Ich habe eine Freundin, die gerne Filme über Superhelden sieht. Ihr Leben ist mies und sie fällt öfter in ein Loch. Doch dann geht sie auf Events wo es Cosplayer gibt, die als Superhelden verkleidet sind, und dies baut sie auf und gibt ihr Kraft. Die Filme werden dann zwar nicht Realität, machen diese jedoch irgendwie besser. Denn mal ehrlich: Jemand der sich als Superheld verkleidet, der steht eher auf der guten Seite des Lebens. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber wer Fan eines Superhelden ist und Liebe und Zeit in das Kostüm steckt, steht voll und ganz dahinter. Auch bei Horrorkostümen ist das so. Und diese Leute bewundere ich. Ich finde Cosplay super. Egal welche Kostüme. Cosplayer sind einfach super. Sie schaffen sich ihre eigene Welt, so wie ich das mit den Büchern mache. Es erlaubt ihnen auch in eine andere Realität abzutauchen. Und dies alleine macht diese Welt so viel besser. Es gibt das Gute in dieser Welt. Manchmal muss man es nicht einmal suchen, sondern nur erkennen. Das Leben ist eine Herausforderung und schön. Man muss nur zulassen es zu sehen.